BR-TV: „Jedes Dorf braucht einen Laden“ | „Genussrechte als Rendite“

44 Fernseh-Minuten widmete das Bayerische Fernsehen im frühen Sonntagabend-Programm den bayerischen Dorfläden und dokumentierte auf eindrucksvolle Weise, wie die modernen Dorfläden „von Bürgern für Bürger“ die früheren „Tante Emma“-Läden beerbt haben. 140 Bürgerläden werden inzwischen in Bayern von Bürgerinitiativen erfolgreich betrieben – und die allermeisten haben sich etabliert und überlebt. „Jedes Dorf braucht einen Laden“ hat das BR-Fernsehen die sehenswerte Reportage genannt.

Die Reportage beschreibt das Leben auf dem Lande, in den Dörfern, in dem immer mehr Gasthöfe und Läden geschlossen haben – bis die Bürger selbst anpacken und Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit ins Dorf zurückholen.

Ettenbeuren_www_aAm Beispiel mehrerer Dorfläden von Amerdingen über Ettenbeuren bis Zöschingen beschreibt die Reportage die Kreativität der Dörfer, besser gesagt ihrer engagierten Bürger.

  • „Rosennacht“ mit 1.000 Gästen,
  • ein Kleinbus der zuerst die Kinder in die Schule und dann die älteren Damen zum Einkaufen in den Dorfladen fährt,
  • Dorfladen-Dreirad-Auto „Paul“ als Transport-Gefährt für den Brotzeit-Service beim größten Arbeitgeber im Dorf,
  • der Dorfladen als Intergrations-Treffpunkt für Neubürger, die schneller heimisch werden im Dorf
  • ältere Männer, die einst ehrenamtlich die Bauarbeiten vor der Ladeneröffnung übernahmen und sich jetzt regelmäßig zum Stammtisch im Dorfladen treffen.

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Diese Stammtische und der Dorfladen als Treffpunkt für verschiedene Bevölkerungsgruppen sowie als Kommunikationszentrale des Dorfes sind ebenso eine Besonderheit, wie die vielen regionalen Produkte, mit denen sich die kleinen Läden von den Großen absetzen und deshalb erfolgreich bestehen.

Der renommierte Unternehmensberater Wolfgang Gröll aus Berg am Starnberger See hat sich bundesweit als Fachberater für Dorfläden einen guten Namen gemacht und berichtet in der TV-Reportage über die besonderen Konzepte der Dorfläden, den steigenden Bedarf nach Nahversorgung in den Dörfern und die gute Erfolgschancen. „Wir wollen Wertschöpfgung betreiben und nicht Werte vernichten – das hat zunehmend weniger mit Sozialromantik zu tun“, betonte Gröll sinngemäß. Obwohl: Die soziale Komponente dieser Bürgerläden ist nicht zu unterschätzen – denn der Kleinbus, der die älteren Damen zum eigenverantwortlichen Einkaufen in den Dorfladen bringt, ist um ein Vielfaches wertwoller, als irgendein Bring-Service.

In immer mehr Dörfern im ländlichen Raum, nicht nur in Bayern investieren viele Bürger Eigenkapital beim Erwerb von Dorfladen-Anteilen und/oder investieren Arbeit, also Eigenleistungen beim Umbau und auch später bei der Gebäudepflege und kleineren Reparaturen.

Für das eingebrachte Kapital erhalten die Dorfladen-Eigentümer in der Regel keine geldwerte Rendite – sondern Lebensqualität. „Genussrechte gibt es“ sagt der ältere Herr und Miteigentümer des Dorfladens und diesen „Genuss“ gibt es beim täglichen Einkauf im Dorfladen und beim Stammtisch im Dorfladen.  Die 44-minütige TV-Reportage ist in der Mediathek des BR-Fernsehens abrufbar: http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/unter-unserem-himmel/jedes-dorf-braucht-einen-laden-100.html

gez. Günter Lühning


Das BR-Fernsehen schreibt zur TV-Reportage:

Es gab eine Zeit, als die Kinder nur schnell ums Eck flitzen mussten, wenn daheim das Brot oder Klopapier ausgingen. Auf dem Land muss man heutzutage ins Auto steigen und zum nächsten Supermarkt fahren, was gar nicht schnell geht, wenn er nicht in der Nähe liegt.

Die Bürger kümmern sich jetzt vielerorts selber darum, dass man in ihrem Dorf nicht nur wohnen, sondern auch Lebensmittel kaufen kann. Besonders engagiert sind die Schwaben, hat der Filmemacher Julius Kolb erfahren und sich zwischen Nördlinger Ries und Donauried umgeschaut.

Wer gegen die großen und zudem oft billigeren Discounter antreten will, muss eine gute Alternative bieten: ein vielfältiges Sortiment, frische Waren, regional erzeugte Produkte, Top-Beratung. In Zöschingen gibt’s noch mehr: eine Kaffee-Ecke, die zum Treffpunkt fürs Dorf geworden ist, einschließlich Stammtisch! In Amerdingen einen Kleinbus-Service von der Haustür zur Ladentür. In Ettenbeuren ein Brotzeit-Catering für Firmen.

Von solchen Extras hängt oft der Erfolg ab, weiß Wolfgang Gröll, der Ladengründer professionell berät. Und so sorgt die neue Dorfladen-Generation auch noch für attraktive Dienstleistungen.

Autor: Julius Kolb
Redaktion: Frida Buck

 

 

 

 

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