Bundesminister: „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse fördern“

Bundesminister Schmidt bei der Eröffnung der Herbstkonferenz , Quelle: BMEL/Thomas Imo/photothek.net

Bundesminister Schmidt bei der Eröffnung der Herbstkonferenz , Quelle: BMEL/Thomas Imo/photothek.net

„Wir wollen die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse fördern und die Trendwende für den ländlichen Raum einleiten“ betonte Bundesminister Christian Schmidt am Mittwoch bei der Herbstkonferenz „Neuer Blick auf ländliche Regionen“ in Berlin und bezeichnete „Politik für ländliche Räume als Querschnittsaufgabe“. Das BMEL sei voran gegangen, mit dem Bundesprogram Ländliche Entwicklung (BULE). Dessen Etat sei von 10 auf 55 Millionen Euro gewachsen. In der nächsten Legislaturperiode ab 2017 seien weitere richtige Zeichen wichtig. Schmidt: „Ein Bundesministerium, das den Ländlichen Raum im Namen trägt und fester Ansprechpartner für ländliche Regionen ist, wäre ein wichtiges Signal.“ Schmidt bezog sich auf die im Grundgesetz festgeschriebenen gleichwertigen Lebenverhältnisse. „Deshalb fordere ich eine konzertierte Aktion für den ländlichen Raum. Eine konzertierte Aktion, in der jede Ebene verbindlich ihren Teil dazu beiträgt, damit am Ende das Ergebnis stimmt.“ Dieses Resultat seien vitale ländliche Räume, die sich nicht hinter den Großstädten verstecken müssen, betonte Schmidt am 23. November 2016 in Berlin vor gut 120 Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Vertretern von Verbänden. Dazu gehörte auch Günter Lühning als Vorsitzender der Bundesvereinigung multifunktionaler Dorfläden (BmD).

Als Probleme benannte Bundesminister Christian Schmidt die ärztliche Versorgung auf dem Lande ebenso wie die „Schließung des Ladens an der Ecke und des Dorf-Gasthauses“. Das Aktivieren der Potenziale müsse künftig stärker im Vordergrund stehen, Nostalgie und Tristesse seien schädlich, Dorfkerne müssen aktiviert werden – forderte Schmidt in seiner Eröffnungsrede.

einladung-herbstkonferenz-2016b„Die Digitalisierung verändert, ob wir wollen oder nicht. Da bin ich mit Bundeskanzlerin Merkel einig“, sagte Schmidt und sah in der Digitalisierung nicht nur Herausforderungen sondern insbesondere Chancen für den ländlichen Raum. Dafür sei aber der flächendeckende Breitbandausbau notwendig, denn „am Glasfaser könnte sich die Zukunft unseres Landes entscheiden“, betonte Christian Schmidt: „Jetzt gilt es die Chancen der Digitalisierung auch konsequent für den ländlichen Raum zu nutzen – für die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen als Motoren der ländlichen Räume genauso wie für die Bewohnerinnen und Bewohner“.

Über die erfolgreiche Digitalisierung Finnlands berichtete am Nachmittag Finnlands Botschafterin Koukku-Ronde im Forum I „Daseinsvorsorge onlie? Chancen und Grenzen dezentraler Versorgung“ – an dem auch BmD-Vorsitzender Günter Lühning teilnahm. Mehr dazu in seinem Bericht „Digitale Dorfzentren statt Digitaler Analphabetismus“ http://dorfladen-netzwerk.de/2016/11/digitale-dorfzentren-statt-digitaler-analphabetismus/

DLT-Präsident Sager: „Smart Cities und Smart Countries“

Reinhard Sager, Landrat des Kreises Ostholstein und Präsident des Deutschen Landkreistages (DLT), forderte in seiner Rede Regionalbudgets für die Landkreise um die ländlichen Räume besser zu fördern.

Es kann in der Zukunft nicht nur um „Smart Cities“, sondern muss auch um „Smart Countries“ gehen, betonte der DLT-Präsident. Die Digitalisierung müssen wir in den Fokus nehmen, sie sei eine große Zukunftschance und entscheide über erfolgreichen Wandel – oder Abstellgleis. Wir können dadurch Nachteile in Vorteile wandeln und nannte als Stichworte „Moderne Telearbeitsplätze in Dörfern, eGoverment und eLearning“. Damit eine positive „Trendwende Land“ gelingen könne, seien aber vielfältige Anstrengungen erforderlich. Im Interesse des ländlichen Raumes fordert DLT-Präsident Reinhard Sager eine „Gesetzesfolgen-Abschätzung“, also die Überprüfung, ob neue Gesetze negative Folgen für den ländlichen Raum zur Folge hätten. Wie bei der Mietpreis-Bremse in Städten, mit negativen Folgen für den Immobilienmarkt auf dem Lande.

In der folgenden Podiumsdiskussion benannte Peter Kaiser, Projektleiter bei der Prognos AG, einige Risiken für ländliche Räume:

  • zu große Entfernungen ins nächste Oberzentrum
  • starke Bevölkerungs-Rückgänge
  • zu wenig Innovations-Potenzial
  • zu wenige zukunftsfähige Arbeitsplätze als Magneten

In der Zukunft käme es auch darauf an, ausreichend gute Ausbildungsplätze und Möglichkeiten für ein Studium in der Region zu bieten, um junge Nachwuchskräfte in der Region zu halten, betonte Peter Kaiser.

Hubertus Winterberg, Geschäftsführer der Südwestfalen Agentur plädierte für „Co-working spaces“ im ländlichen Raum – um Kreative und Gründer auch in Kleinstädten und ländlichen Regionen zu vernetzen um moderne Arbeitsbedingungen zu bieten. Auch im ländlichen Raum könnten Digitale Zentren entstehen, um „Schwarm-Intelligenz zu fördern. Winterberg empfahl „Utopia-Zukunftskonferenzen für junge Erwachsene“ und Befragungen in Schulen zur Zukunft im Landkreis. 

Zum Abschluss der Herbstkonferenz in Berlin forderte Staatssekretär Peter Bleser (MdB)

„Wir brauchen leidenschaftliche Kämpfer

für die ländlichen Regionen, für die Dörfer“

und Prof. i.R. Dr. Gerhard Henkel – auch als „Dorf-Papst“ bekannt – forderte:

„Gebt dem Dorf seine Kraft zurück“

und einen Bundesbeauftragten für ländliche Regionen.

Erst kürzlich erschien in „Die Welt“ ein umfassendes Interview mit Prof. Dr. Henkel unter dem Titel „Landflucht – Rettet die deutschen Dörfer!“ http://hd.welt.de/Kultur-edition/article159270462/Rettet-die-deutschen-Doerfer.html

 

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