Selbsthilfe-Dorfläden werden von sozialen Gesellschaften betrieben

Die Dorfladen-Bundesvereinigung erhält viele Anfragen von Journalisten zu den bürgerschaftlich organisierten Dorfläden. Vorsitzender Günter Lühning beantwortet diese Fragen dann postwendend. Heute hat er 6 Fragen beantwortet und in den Antworten betont, dass eigentliche alle Betreiber (Bürgergesellschaften, Vereine) von Dorfläden als Selbsthilfe-Einrichtung „soziale Gesellschaften“ sind.

1. Wie viele Dorfläden gibt es in Deutschland aktuell? Gibt es eine bundesweite Erhebung?

Günter Lühning beim Vortrag (C) lpv-verlag

Günter Lühning beim Vortrag (C) lpv-verlag

Günter Lühning: „Es gibt inzwischen weit über 200 bürgerschaftlich organisierte Dorfläden, davon über 100 in Bayern und 18 in Niedersachsen. Eine exakte bundes-weite Erhebung gibt es nicht, aber inzwischen sind 70 Dorfläden in der erst 2016 gegründeten Bundesvereinigung multifunktionaler Dorfläden (BmD) Mitglied – 70 aus 8 Bundesländern“.

 
2. Wie viele von Ihnen sind erfolgreich, haben also den eigenen Fortbestand gesichert? Wie viele haben wieder aufgegeben?
 
! „Der seit Jahrzehnten erfahrene Unternehmensberater / Dorfladen-Berater Wolfgang Gröll aus Starnberg berichtet von über 130 Dorfladen-Gründungen die er begleitet hat und von 6 Neugründungen, die später nicht erfolgreich waren und geschlossen wurden. Die Quote des Scheiterns dürfte geringer sein als bei übrigen Existenzgründungen“.

3. Wie lange dauert nach Ihren Erfahrungen die Voreröffnungsphase, also von der ersten Idee über die Beteiligungsverfahren bis zur Eröffnung.

! „Das hängt von vielen Faktoren ab – aber man kann es in 6 – 9 Monaten schaffen, üblicherweise dauert es aber 1 bis 1,5 Jahren – in einzelnen Fällen auch länger“.

4. Viele Förderanträge scheinen sehr aufwendig und der Weg der Förderungen sehr kompliziert. Ist es Ihrer  Ansicht nach überhaupt sinnvoll, Förderungen aus speziellen Programmen zu beantragen? 

! „Ja, auf jeden Fall sollten sich Dorfladen-Gründer von den zuständigen Behörden – z.B. Ämter für regionale Landesentwicklung (in Niedersachsen) oder von den Wirtschafts-förderungen der Kommunen, Landkreise oder Landratsämter beraten lassen. Öffentliche Zuschüsse von Land, EU oder Kommune sind Förderungen in die Infrastruktur und in die Lebensqualität der Menschen im ländlichen Raum. Deshalb ist es gut investiertes Geld. Sollten in Ausnahmefällen keine Förderungen möglich sein, kann eine Dorfladen-Gründung aber auch trotzdem gelingen, wenn die Bürger bereit sind, ein deutlich höheres Maß an Eigeninitiative und Eigenkapital einzubringen“.

5. Gibt es aktuelle Handlungsempfehlungen Ihres Netzwerks für neue Betreiber? 

!“Ja, mehrere – aber die können nicht in wenigen Sätzen beschrieben werden. Wir empfehlen das über 200-seitige „Dorfladen-Handbuch“ http://dorfladen-netzwerk.de/dorfladen-handbuch/PDF-Dateien/  und die Beauftragung eines qualifizierten, auf kleine Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäfte spezialierten Beraters. Qualfizierte Beratungen sind ebenfalls förderfähig“.

6. Wie viele Betreiber (in %) gehören Ihren Informationen nach sozialen Gesellschaften an? 

! „Meines Erachtens sind alle Betreiber von bürgerschaftlich organisierten Dorfläden, den letzten Nahversorgern in einem Dorf / einer ganzen Dorf-Region, als „soziale Gesell-schaft“ zu betrachten. Bürger-Läden sind keine profit-getriebenen Kaufleute, sondern Selbsthilfe-Einrichtungen, die mit hohem ehrenamtlichen Einsatz nicht nur die Versor-gung mit Lebensmitteln und Artikeln des täglichen Bedarfs sicherstellen, sondern auch wieder soziale Kontakte im Dorf ermöglichen. Bürgerläden haben eine Versorgungs-Funktion und eine sozio-kulturelle Funktion. Wir fordern deshalb vom Gesetzgeber eine Aufnahme in die Abgabenordnung, damit Bürgerläden als Selbsthilfe-Einrichtungen als gemeinnützig anerkannt werden können“.

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