Kurze Wege zum Einkaufen, ein vertrautes Verhältnis zum Kunden und Regionale Produkte – das waren die Wünsche der Einwohner aus dem gut 3.600 Einwohner zählenden oberbayerischen Farchant im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. „Ein Dorfladen für Farchant“ titelte am 17. Mai 2012 die Online-Ausgabe des Münchner Merkur. Zwei Jahre später sind diese Wünsche Wirklichkeit geworden, die Bewährungsprobe hat der neue Dorfladen längst bestanden – obwohl sich 15 Supermärkte und Discounter im 5 km-Umkreis um Farchant tummeln. Farchant wurde deshalb zum „Gallien in der bundesdeutschen Dorfladen-Landschaft“ mit inzwischen über 200 Bürger-Dorfläden zwischen Nordsee und Alpenland.
Vor zwei Jahren war der Wunsch nach einem bürgerschaftlich organisierten Dorfladen in Farchant groß, obwohl im Ortskern von Farchant zwei Metzger aktiv sind und ebenfalls zwei Bäcker – nur ein Lebensmittelgeschäft fehlte. Der damalige Initiator Peter Böhmer lud den Starnberger Unternehmensberater Wolfgang Gröll nach Farchant ein. „Groß muss nicht immer auch billig sein“ hatte Wolfgang Gröll im Mai 2012 betont.
Viele bürgerschaftlich organisierte Dorfläden haben seit 5, 10 oder noch mehr Jahren eine gute Existenzgrundlage und schreiben zumindest „schwarze Zahlen“, weil die Wege zum nächsten Supermarkt und Discounter vergleichsweise weit sind – oftmals 10, 12 oder 15 km. Längst gibt es immer mehr Bürger-Dorfläden, die es auch im direkten Einzugsgebiet von Discountern und Supermärkten schaffen. Dazu nur zwei Beispiele:
Ettenbeuren im bayerischen Landkreis Günzburg
- nur 4 km bis zu den großen Märkten
- Der Dorfladen Ettenbeuren schreibt seit 15 Jahren ununterbrochen schwarze Zahlen
Farchant im oberbayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen
- nur 1 km nach Süden bis Burgrain mit Edeka und Penny
- nur 4 km nach Norden bis Oberau mit Rewe, Aldi und Netto
- nur 5 km nach Süden bis in die Kreisstadt Garmisch-Partenkirchen mit insgesamt 10 (!) Supermärkten und Discountern
Nur 1 km vom Wettbewerb entfernt hat sich der Dorfladen in Farchant sehr gut bewährt
Keine Frage – größer und schärfer kann die Wettbewerbssituation für einen Bürger-Dorfladen kaum sein. Wie sieht vor diesem Hintergrund die Bilanz der mutigen Farchanter aus? „Die von Unternehmensberater Wolfgang Gröll aufgestellten Prognosen haben zu 96,4 % gepasst“ so der heutige Geschäftsführer Peter Böhmer. „Um diese 3,6 % waren wir besser, als geplant“, so Böhmer. „Nicht nur die Berechnungen, sondern auch die Begleitung bis zur „Schwarzen Null“ erfolgte von dem bei der KfW-Mittelstandsbank zugelassenen Berater Wolfgang Gröll – immer in einer angenehmen und auch stets zielorientierten Arbeit“, hören wir von zufriedenen Farchantern.
Nun wagen sich die Farchanter an ein neues Projekt heran. Sie werden in der Gesellschaft ein Bürgersolarkraftwerk errichten. Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Unabhängigkeit und regionaler Wertschöpfung. Das Interesse ist schon heute sehr hoch.
Innerhalb der bundesdeutschen Dorfladen-Landschaft sind die Farchanter die „Gallier“ unter den vermeintlich stärkeren / größeren „Römern“ in Oberau, Burgrain und Garmisch. Welcher „Zaubertrank“ verhalf den „gallischen“ Dorfladen-Betreibern in Farchant zu diesem Erfolg?
„Es kommt immer auf die Menschen im Dorf selbst an – nicht auf die Entfernung zu den größeren Wettbewerbern. Die Einwohner eines Dorfes
- stimmen jeden Tag mit den Füßen über die Existenz eines Dorfladens und damit
- über die eigene Lebensqualität am Wohnort
ab.
Die Farchanter Bürger haben ganz offensichtlich mehrheitlich den besonderen Wert eines Dorfladens als wohnortnahem Nahversorger und als sozialem Treffpunkt im Dorf von Beginn an positiv eingeschätzt, wissen dessen Bedeutung für die eigene Lebensqualität zu schätzen und nutzen ihren Dorfladen entsprechend“, resümierte Günter Lühning als Sprecher des im niedersächsischen Otersen ansässigen Dorfladen-Netzwerkes nach seinen Recherchen über die „Gallier aus Farchant“. Das Dorfladen-Netzwerk blickt mit Anerkennung auf Farchant und wünscht weiterhin viel Erfolg.