Nach der ausführlichen Beantwortung der Fragen für das Forschungsprojekt „Dynamik der Nahversorgung in ländlichen Räumen“ des Thünen-Bundesforschungsinstitutes gab Günter Lühning als Vorsitzender der Dorfladen-Bundesvereinigung im Gespräch mit Thünen-Mitarbeiter Winfried Eberhardt noch einige Wünsche und Forderungen zu Protokoll.
1. Geeignete Rechtsform für bürgerschaftlich organisierte Dorfläden
Seit Jahren werde über eine geeignete Rechtsform für Dorfläden in Bürgerhand mit i.d.R. über 100 oder sogar 200 Mitgliedern gesprochen und beraten -aber noch immer nicht realisiert. Offenbar stünde die starke Lobby der genossenschaftlichen Prüfungsverbände auf der Bremse, die lieber weiterhin bei Dorfläden in der Rechtsform einer e.G. Prüfungsgebühren vereinnahmen wollten.
2. Gemeinnützigkeit für Non-Profit-Dorfläden gefordert
Bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen müsste für Dorfläden in Bürgerhand, die als Selbsthilfeeinrichtungen meistens kleine „Non-Profit“-Unternehmen mit sozio-kultureller Funktion seien, die Rechtsform des gemeinnützigen Vereins (e.V.) möglich werden. Wenn bei „Non-Profit“-Dorfläden die Gemeinnützigkeit anerkannt würde, dann würden für die Gemeinwohl-orientierten Dorfläden zwei Nachteile beseitigt:
- a.) Ersatzbeschaffungen oder Investitionen in die Weiterentwicklung eines DORFbegegnungsLADENS bekämen durch Steuer-begünstigte Spenden von Einwohnern eine wichtige Finanzierungsquelle – die bisher den Bürgerläden versagt bleibt. Dorfläden würden dann endlich gleichbehandelt mit Sport- und Kultur-Vereinen.
- b.) bei Beantragung von EU-Fördermitteln für Investitionen würden Gemeinwohl-orientierte Dorfläden dann nicht wie Gewinn-orientierte Unternehmen behandelt und mit 30 % gefördert, sondern würden wie gemeinnützige Sport- und Kultur-Vereine behandelt und bekämen z.B. 63 % statt 30 % EU-Förderung
3. Förderung von Klimaschutz- und Energiespar-Investitionen auch für kleine Dorfläden
Angesichts steigender Energiepreise und bei Strom-fressenden, alten Kühlmöbeln müssen immer mehr kleine Lebensmittelgeschäfte und Dorfläden in Klima-schonende Kältemittel und die Erneuerung der Kühltechnik sowie der Kühlmöbel investieren. Wenn Dorfläden eine „rote Null“ oder nur geringe Überschüsse erwirtschaften können, dann fehlt in der Regel das Geld, um Klimaschutz- und Energiespar-Investitionen finanzieren zu können. Bei Fördermitteln heißt es für Dorfläden dann in der Regel „Fehlanzeige“ – weil
- a.) die Investitionshöhe unterhalb von Bagatell-Beträgen (ausgerichtet an große Lebensmittelmärkte) liegt oder
- b.) der Jahres-Energieverbrauch nicht die Mindestwerte (ausgerichtet an den großen Supermärkten entspricht oder
- c.) der kleine Lebensmittel-Laden nur 10, 15 oder 20 lfd. Meter Kühlmöbel und Kühltresen hat – für eine Bezuschussung aber 25 und mehr lfd. Meter wie in mittleren Supermärkten erforderlich wären.
Günter Lühning kritisierte deshalb die Ungleichbehandlung als unfair. „Wenn Kosten-treibende Gesetze wie der Mindestlohn richtigerweise für kleine, mittlere und große Unternehmen gleichermaßen gelte, dann können die kleinen Dorfläden bei der Vergabe von Fördermitteln für Klimaschutz- und Energiespar-Investitionen nicht mit einer ´Null-Förderung´ unfair abgespeist werden. Schließlich sind kleine Dorfläden Klimaschützer 1. Güte, weil durch eine Wohnort-nahe Versorgung unzählige Kilometer für unnötige Einkaufsfahrten vermieden werden“, so Günter Lühning.
4. Zuschüsse für Qualifizierungsmaßnahmen und Beratungen
Kleine Dorfläden stehen zunehmend unter Kostendruck durch steigende Energiepreise und steigende Personalaufwendungen. Für viele Dorfläden, denen bisher zumindest eine Kostendeckung gelang, droht da schnell die Gefahr tief-roter Zahlen. Um das zu vermeiden, müssen zwangsläufig Umsatz und Roherträge gesteigert werden. Und genau das ist bei nicht steigenden, eher sinkenden Einwohnerzahlen in peripheren ländlichen Räumen sehr sehr schwierig. Geld für Qualifizierungsmaßnahmen der Dorfladen-Belegschaften, die meist aus Seiteneinsteigerinnen besteht, kann in der Regel nicht erwirtschaftet werden. Wünschenswert wären deshalb Bundes- und/oder Landes-Zuschüsse für Qualifizierungen, Beratungen und Betriebskosten-Zuschüsse – denn in vielen Dörfern im ländlichen Raum entsprechend die Dorfläden den staatlich geförderten Mehrgenerationenhäusern (MGH).
Bei Jahresverlusten von 5.000 €, 10.000 € oder 15.000 € sind die von 80 bis 200 Bürgern täglich genutzten „Non-Profit“-DORFbegegnungsLÄDEN schnell in ihrer Existenz bedroht, während Mehrgenerationenhäuser ohne jährliche Zuschüsse von 30.000 bis 50.000 € von Bund, Ländern und der örtlichen Gemeinde oder Stadt gar nicht funktionieren würden.
gez. Günter Lühning, 1. Vorsitzender Bundesvereinigung multifunktionaler Dorfläden