Bundesminister Christian Schmidt eröffnete am 20. Januar das 2-tägige, 9. Zukunftsforum „Ländliche Entwicklung“ vor 650 Fachleuten und Gästen im City Cube Berlin. Schmidt prämierte ein Mehrfunktionshaus und betonte, das „Dorfläden nicht Romantik seien. Sie erfüllen Aufgaben der Grundversorgung“. „Das Engagement der Menschen sei das Herzstück für eine erfolgreiche Ländliche Entwicklung“, so Schmidt. Besondere Beachtung fand der Vortrag von Prof. Dr. Julia Rump. In eine der parallel 6 Begleitveranstaltungen präsentierte Günter Lühning als Sprecher des Dorfladen-Netzwerkes 135 interessierten Fachleuten die Multifunktionalität von Bürger-Dorfläden aus fünf Bundesländern und beantwortete die Frage „Gut versorgt vor Ort?!“.Bundesminister Christian Schmidt ging auf § 72 des Grundgesetzes und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland ein. Kreativität habe im ländlichen Raum eine große Bedeutung und als einen Schwerpunkt der Ländlichen Entwicklung nannte Schmidt die Nahversorgung und die Daseinsvorsorge insgesamt.
Prof. Dr. Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability referierte über die Folgen und Chancen des Demografischen Wandels, der Globalisierung und der Digitalisierung. Trotz aller Zukunftssorgen und Herausforderungen im ländlichen Raum machte Prof. Dr. Rump Mut und hob hervor, was der ländliche Raum zu bieten habe:
- Sicherheit
- Gesünderes Leben
- „Familiäre“ Strukturen
- Weniger Anonymität
- Raum abseits der Hektik
- Umsetzung der Energiewende
- Möglichkeiten der Entschleunigung
- Bezahlbarer Wohn- und Lebensraum
- Geringere Investitionskosten für Unternehmen
- Attraktiver Lebensraum zu erschwinglichen Preisen
- Wissensentwicklung in entspannter Atmosphäre
- Sicherheit und „Heimat“ durch funktionierende soziale Netzwerk
- Nachhaltigkeit in allen Facetten (ökologisch, ökonomisch, sozial)
- sich kümmern um / verstärkte Fürsorge für die Gemeinschaft
- Etablierung von Unternehmen, die ihre Leistungen auch abseits von Ballungszentren erstellen können
- Hohe Lebensqualität | Work-Life-Balance (i.e.S.) / fließender Übergang von Freizeit und Arbeit
- Die Kombination von ländlichem Leben und globalem beruflichem Agieren = Work global, live local
- Geringere Investitionskosten für Unternehmen
Prof. Dr. Jutta Rump sah gute Chancen für den ländlichen Raum und lieferte die Begründung auch mit folgender Aussage:
Digitalisierung ermöglicht eine Entkoppelung von Ort und Zeit
und eine Standortflexibilität.
Voraussetzung sei jedoch eine entwickelte IT-Infrastruktur. Digitalisierung müsse sich deshalb in den nächsten fünf Jahren als Teil des Geschäftsmodells entwickeln.
Im Anschluss an die Mittagspause folgten zeitlich parallel sechs Begleitveranstaltungen zu unterschiedlichen Themenstellungen. In der Begleitveranstaltung 6 mit 135 Fachleuten und Gästen als Teilnehmern stellte Günter Lühning, Dorfladen-Vorsitzender aus Otersen und Sprecher des Dorfladen-Netzwerkes viele multifunktionale Dorfläden aus fünf Bundesländern
- von Johannesbrunn und Farchant ganz im Süden Bayerns
- über Hofstädten (Unterfranken), Ettenbeuren (Schwaben) und Gleiritsch (Oberpfalz)
- Klausen (Moseleifel) und Welbergen (Münsterland) im Westen
- sowie Otersen und Bolzum in Niedersachsen
Über 200 bürgerschaftlich und/oder kommunal geführte Dorfläden seien in den letzten 20 Jahren als Antwort auf das Ladensterben und den Rückgang von 160.000 auf unter 39.000 Lebensmittelgeschäfte in den letzten 45 Jahren. „Immer öfter sind es engagierte Bürger, Kommunalpolitiker und Bürgermeister leid, sich von den großen Konzernen vorschreiben zu lassen, wie weit die Menschen auf dem Lande zum Einkaufen fahren müssen. Immer öfter nehmen Dorfeinwohner ihr Schicksal selbst in die Hand und gründen Bürgerläden nach dem Motto „Eigeninitiative statt Unterversorgung„, betonte Günter Lühning. Dorfläden seien mehr als Einkaufsläden, sie sind Dienstleister, haben eine sozio-kulturelle Funktion und würden sich zunehmend vom Lebensmittel-Markt des Dorfes zum Lebens-Mittelpunkt des Dorfes entwickeln.
Nachdem Lühning viele Eckwerte aus Dorfladen-Konzepten präsentiert hatte, beantworte er die Frage „Gut versorgt vor Ort?!“, die im Veranstaltungstitel steckte.
„Ja, die Menschen im Dorf sind gut versorgt, wenn die Bürger aktiv werden
und wenn sie dabei von Kommune, Land und Bund unterstützt werden“.