170 Bürger bestanden in Rhade die Nagelprobe und zeichneten 23.000 €

Rahde_2013_10_29_bDer Ball lag auf dem Elfmeter-Punkt und die Einwohner verwandelten den Elfer. Gleich am ersten Abend der zweimonatigen Zeichnungsfrist (bis 31.12.2013) wurden 92 Anteile mit insgesamt 23.000 Euro gezeichnet. „Das ist ein hoffnungsvoller Start“ urteilte kein geringer als der erfahrene Dorfladen-Berater Wolfgang Gröll aus Starnberg, der zuvor mit viel Sachverstand und Humor die Bürger über die Chancen, aber auch über Risiken eines Dorfladens „von Bürgern für Bürger“ informiert hatte. Bürgermeister Thomas Czekalla und die aktiven Mitglieder des Dorfladen-Arbeitskreises konnten nach der zweieinhalbstündigen, sehr gut besuchten Bürgerversammlung zufrieden den Heimweg antreten und zuversichtlich in die Zukunft blicken.

Die Gemeinde Rhade westlich von Zeven in Niedersachsen mit den beiden Ortsteilen Rahde und Rhadereistedt zählt 1.100 Einwohner. Die Infrastruktur ist für ländliche Gemeinden vergleichsweise gut bis sehr gut: Kindergarten, Grundschule, Apotheke, Arzt, Zahnarzt, Kirche, Hotel und Restaurant, Autohaus, Bäckerei-Filiale sind vorhanden – Welche Gemeinde mit 1.100 Einwohnern ist noch so gut bestückt? In den letzten Jahren haben aber die Dorfgasthäuser in Rhade und Rhadereistedt und auch der letzte Lebensmittelladen geschlossen. Bürgermeister Thomas Czekalla berichtete zum Auftakt der Bürgerversammlung über die Bemühungen der Gemeinde gemeinsam mit Nachbar-Kommunen in die Verbund-Dorferneuerung aufgenommen zu werden. Das Projekt, aus dem ehemaligen Dorf-Gasthaus „Jägerhaus“ mitten in Rhade ein neues Gemeindezentrum für alle Generationen mit

  • Dorfladen
  • Café und Bücherstube
  • Jugendraum
  • kleinem und großen Saal für Dorfgemeinschaft und Kultur

zu machen, könnte in der Verbund-Dorferneuerung zu einem der Leuchtturm-Projekte werden – wenn die Bürger sich entsprechend engagieren, so der Bürgermeister.

Damit dieses ehrgeizige Projekt gelingt, gab es bereits 2012 eine erste Bürgerversammlung, im Frühjahr eine Exkursion zum Bürger-Dorfladen in Otersen und im Mai eine Bürgerversammlung in Rhadereistedt mit einem Vortrag von Günter Lühning vom Dorfladen-Netzwerk. Die Gemeinde Rhade engagierte mit dem Unternehmensberater Wolfgang Gröll einen im Lebensmittelhandel seit fast 20 Jahren erfahrenen Berater, der am 29. Oktober eigens aus Starnberg nach Rhade angereist war.Wolfgang Gröll stellte die Erfolgsfaktoren für einen Bürger-Dorfladen vor, ging auf Risiken ein, empfahl regionale Produkte für das Dorfladen-Sortiment und räumte mit dem Vorurteil „klein=teuer und groß=billig“ auf. Von 130 Dorfladen-Gründungen habe er bisher nur eine Handvoll Schließungen registriert und in der Regel sind Seiteneinsteiger mit Dorfläden, also Handwerker, kaufmännische Angestellte, Piloten oder engagierte Landfrauen erfolgreicher als Betriebswirtschafts-Professoren.

Günter Lühning vom Dorfladen-Netzwerk stellte anschließend die Ergebnisse der durchgeführten schriftlichen Bürgerbefragung mit 262 Antwortbögen und einer sehr guten Rücklauf-Quote von 62 % vor. Sämtliche Ergebnisse liegen im guten Durchschnitt der Erfahrungswerte aus vielen Befragungen, teils sogar darüber. Die von Unternehmensberater Wolfgang Gröll aufgestellte Wirtschaftlichkeitsberechnung geht von einem Jahresumsatz von rund 350.000 Euro und einer „schwarzen Null“ im 3. Jahr nach der Dorfladen-Eröffnung aus. Die Machbarkeit für einen Dorfladen ist in Rhade nicht nur gegeben, sondern eher gut. „Der Ball liegt auf dem Elfmeter-Punkt, jetzt sind sie aufgerufen, den Elfer zu verwandeln“ rief Günter Lühning die 170 Zuhörer auf, aktiv zu werden. Nachdem Arbeitskreis-Mitglieder über die weitere Vorgehensweise informiert hatten, traten viele Bürger schon am ersten Abend der Zeichnungsfrist an den Elfmeter-Punkt: 92 Anteile mit 23.000 € Eigenkapital wurden gezeichnet.

Bürgermeister Thomas Czekalla hatte zuvor an eine große Spendenbereitschaft der Einwohner in Rhade in den 1980er Jahren erinnert, als fast alles Haushalte insgesamt 100.000 DM für die neue Friedhofskapelle gespendet. „Jetzt geht es um unsere eigene Lebensqualität und ich hoffe auf eine ähnlich großes Bürger-Engagement“, so Czekalla. Die Akteure in der Gemeinde Rhade hoffen im 1. Schritt auf 50.000 € besser 60.000 € Bürger-Eigenkapital, um den Dorfladen (Ladeneinrichtung und Warenbestand) realisieren zu können und als 2. Ziel sind weitere 20.000 € Kapital als Beteiligung des künftigen wirtschaftlichen Vereins (w.V.) an den Baukosten vorgesehen.

Weitere Informationen zum Dorfladen-Projekt in Rhade finden sich in unserem Internetportal unter dem Link http://dorfladen-netzwerk.de/?s=Rhade

Rahde_2013_10_29Presseberichte der Zevener Zeitung vom 31.10.2013 – Verfasser: Lutz Hilken