Fast zwei Dutzend Handelsimmobilien aus ganz Deutschland wurden für das Modellvorhaben „Energieeffizient Handeln“ ausgewählt. Nach zwei Jahren wurde am 17.9.2018 im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin im 4. Workshop Bilanz gezogen. Drei Teilnehmer, darunter der Dorfladen Otersen, berichtete über Energieberatung, Realisierung und Einspar-Erfolge.
Sprecher der toom-Baumarkt-Kette und der Netto-Discounter sowie Günter Lühning als Vorsitzender des bürgerschaftlich organisierten Dorfladens im niedersächsischen Otersen trugen in Berlin ihre Erfahrungsberichte vor. Die großen Ketten beklagten im Rahmen des Modellvorhabens, das Energie-sparende Gebäude-Dämmungen in den meistens gemieteten Immobilien nicht so einfach zu realisieren seien, um für die über 4.000 Discounter-Märkte von Netto die Energiekosten zu senken. Ganz anders dagegen beim kleinen Dorfladen Otersen: „Wenn bei uns Gebäudeeigentümer und Ladenbetreiber zusammen sprechen, dann führe ich Selbstgespräche“ schmunzelte Günter Lühning in Berlin. Der 160 Mitglieder zählende Dorfladen-Verein habe schon 2010 für eine gute Gebäude-Dämmung gesorgt und freue sich heute über unterdurchschnittliche Energie-Verbräuche bei der Heizung für Dorfladen, Café und zwei Wohnungen im Dachgeschoß. Bereits 2010 sei auch in eine Photovoltaik-Anlage investiert worden, deren umweltfreundlicher Solarstrom zu 95 % im Dorfladen verbraucht werde.
2014 und 2016 habe der Dorfladen in Energiesparmaßnahmen investiert und konnte den Stromverbrauch für Kühlung und Beleuchtung um über 18.000 Kilowattstunden oder 25 Prozent reduzieren. Trotzdem sind die Energiekosten nach dem Personalaufwand der zweithöchste Kostenblock. Deshalb habe sich der Dorfladen 2016 dem bundesweiten Modellvorhaben „Energieeffizient Handeln“ für Handelsimmobilien gestellt. Günter Lühning dankte der Deutsche Energieagentur (dena), das der kleine Dorfladen ausgewählt worden sei und durch eine Liste spezieller Energieberater unterstützt wurde. Nach Bestandsaufnahme und umfassenden Messungen an allen Energieverbrauchern hatte Energieberater Marcel Riethmüller aus Delmenhorst einen umfassenden Beratungsbericht erstellt, Handlungsempfehlungen formuliert und Förderungen aus Bundesmitteln aufgezeigt, damit sich die von den Experten empfohlenen Maßnahmen auch wirtschaftlich tragen und in angemessener Zeit amortisieren. Im März realiserte der Dorfladen eine vollständige Erneuerung der Kälteverbundanlage mit Umstellung auf ein Klima-freundliches, natürliches Kältemittel. Im Rahmen eines großen Ladenumbaus wurden vier bis zu 17 Jahre alte Kühlmöbel durch drei neue Kühl- und Tiefkühlmöbeln ersetzt und eine neue LED-Beleuchtung installiert.
Was haben die über 50.000 € teuren Energiesparmaßnahmen nun gebracht? In Berlin gab Dorfladen-Vorsitzender Günter Lühning nun die Antworten. In den ersten vier Monaten nach der Maßnahmen-Realisierung wurden von April bis Juli 2018 fast 5.300 Kilowattstunden weniger Strom verbraucht, so dass rund 1.100 € Energiekosten in vier Monaten eingespart wurden. Im April und Mai betrug die Energieeinsparung sogar 40 % – dann kam der (fast) „Jahrhundertsommer“, so dass die Kälte-Verbundanlage stärker kühlen musste als im Sommer des Vorjahres.
Das trotz der heißen Temperaturen und des höheren Kühlbedarfs in vier Monaten 27 Prozent Strom eingespart werden konnte, sei ein sehr gutes Ergebnis. „Wetter-bereinigt ist das mehr als wir geplant hatten“ bestätigte Energieberater Marcel Riethmüller beim Workshop in Berlin. Der Dorfladen-Verein hatte sich aufgrund der Prognosen des Energieberaters zum Ziel gesetzt, jährlich 2.400 € Stromkosten einzusparen. In vier Monaten konnten bereits 1.100 € eingespart werden, so dass dieses Sparziel wohl übertroffen wird, freute sich Günter Lühning in Berlin und bedankte sich bei Energieberater Marcel Riethmüller (www.ecogreen-energie.de) für die gute Zusammenarbeit und die Fördermittel-Beratung. Aktuell werden im Lebensmitteleinzelhandel bei einer Erneuerung von Kälte-Verbundanlagen unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 50 % Fördermittel aus Bundesprogrammen bereitgestellt. Für Energieberatungen im Mittelstand können beim Bundesamt BAFA Förderungen von bis zu 80 % beantragt werden. „Ohne fachliche Unterstützungen geht es nicht“, so Günter Lühning nach der Teilnahme am Modell-vorhaben. Die meisten kleinen Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte setzen sogenannte „Steckerfertige Kühlmöbel“ ein und können von den Förderungen für Kälteverbundanlagen nicht in dem Maße profitieren.