Fachtagung des Wirtschaftsministeriums und des Einzelhandelsverbandes Baden-Württemberg in Stuttgart
08.03.2010 „Kleinflächige Nahversorgungsgeschäfte haben unter bestimmten Voraussetzungen und mit engagierten Akteuren eine echte Chance, sich zu behaupten. Dies zeigen die Beispiele, die bei der Veranstaltung heute vorgestellt wurden“, erklärte Wirtschaftsminister Ernst Pfister heute in Stuttgart bei der Fachtagung „Der Nahversorgung eine Chance!“, die das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg und der Einzelhandelsverband Baden-Württemberg gemeinsam veranstalteten. Der Minister erklärte, dass sich durch den anhaltenden Strukturwandel im Einzelhandel die Verkaufsfläche insbesondere im Lebensmittelbereich auf immer weniger Geschäfte konzentriere. Dies habe den Konkurrenzdruck gerade auf den innerstädtischen und innerörtlichen Handel in den vergangenen Jahren ständig erhöht. Durch die Reduzierung der Zahl der Geschäfte habe sich die wohnungsnahe Versorgung mit Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs – insgesamt betrachtet – verschlechtert. „Probleme gibt es dabei nicht nur in kleinen Gemeinden auf dem flachen Land. Auch in nicht wenigen Orts- und Stadtteilen größerer Kommunen ist die Situation nicht befriedigend“, so Ernst Pfister.
Ernst Pfister betonte jedoch, dass es in Baden-Württemberg auch viele Gemeinden und Städte gäbe, in denen ein gutes Angebot an wohnortnahen Lebensmittelgeschäften vorhanden sei. Nach einer aktuellen Umfrage des Einzelhandelsverbandes gaben mehr als 36 Prozent der Kommunen, die sich an der Umfrage beteiligten, an, die Nahversorgungssituation vor Ort sei gut, acht Prozent hielten sie für sehr gut. „Zur Schwarzmalerei besteht daher kein Anlass“, so der Minister. Wenn allerdings 23 Prozent die Lage als gerade ausreichend bezeichneten und 18 Prozent sagten, die Einwohner seien mit Lebensmitteln und anderen Gütern unterversorgt, bestehe Handlungsbedarf.
Der Einzelhandelsverband Baden-Württemberg (EHV) setzt sich seit vielen Jahren für den Erhalt und die Stärkung nachhaltiger Nahversorgungskonzepte ein. Die Handelsexperten des EHV beraten sowohl Händler als auch Kommunen auf Möglichkeiten und Machbarkeiten, Lebensmittelgeschäfte am jeweiligen Standort zu etablieren oder zu halten. „Denn die Konzepte sind individuell – Standardlösungen gibt es nicht“, sagt EHV-Präsident Horst Lenk. „Nahversorgung funktioniert immer dort sehr gut und nachhaltig, wo viele engagierte Akteure aus den verschiedensten Bereichen an einem Strang ziehen und gemeinsam agieren. Dazu gehören neben den Bürgermeistern, die Nahversorgung zur ´Chefsache` machen, und guten Kaufleuten und deren Mitarbeitern übrigens auch die Kunden selbst, ohne deren Einkauf am Ort das beste Konzept nicht funktionieren kann“, betonte Lenk.
Ernst Pfister und Horst Lenk wiesen darauf hin, dass es deshalb mittlerweile verschiedene Konzepte dafür gebe, wie der klassische Lebensmittelhändler „um die Ecke“ oder der gute alte Dorfladen in modernem Gewand auch heute im Wettbewerb bestehen können. Dazu gehörten gerade moderne Kleinflächenkonzepte für selbstständige Einzelhändler, die von Großhändlern und großen Lebensmittelunternehmern entwickelt wurden.
Eine wichtige Rolle spielen aber auch Nahversorgungskonzepte, die einen sozialen Ansatz verfolgen. Läden, die nach solchen Konzepten arbeiten, beschäftigen vorwiegend Langzeitarbeitslose, benachteiligte Jugendliche oder Behinderte. Häufig werden sie an solchen Standorten eröffnet, aus denen sich andere Anbieter zurückgezogen haben und an denen sich kein privater Betreiber als Nachfolger finden lässt. Eine gewisse Renaissance erlebten in letzter Zeit zudem von bürgerschaftlichem Engagement getragene Genossenschaftsläden.
Konkrete Beispiele von Nahversorgungsgeschäften, die nach diesen drei sowie elf weiteren Konzepten arbeiten, sind in der vom Wirtschaftsministerium und dem Einzelhandelsverband neu herausgegebenen Broschüre „Der Nahversorgung eine Chance! Bewährte Konzepte in Baden-Württemberg“ dargestellt.
Der Wirtschaftsminister betonte, dass die Landesregierung im Rahmen der Mittelstandsförderung, der regionalen Wirtschaftsförderung, der Förderung des Ländlichen Raums, der Städtebauförderung und weiterer Maßnahmen direkt und indirekt dazu beiträgt, die Rahmenbedingungen für Einzelhandelsgeschäfte und insbesondere für Nahversorgungsgeschäfte zu verbessern. Dazu gehören unter anderem die Unterstützung von Gründerinnen und Gründern mit zinsverbilligten Darlehen der L-Bank, die Beratungsförderung, die Förderung von Nahversorgungsgenossenschaften sowie von Nahversorgungsvorhaben im ländlichen Raum.
„Von entscheidender Bedeutung für die Sicherung einer möglichst wohnungsnahen Versorgung ist das unternehmerische Engagement von Einzelhändlern, aber auch das Einkaufsverhalten der Bürgerinnen und Bürger“, so Ernst Pfister. Sie sind es letztlich, die mit ihren Füßen und ihrem Geldbeutel darüber abstimmen, ob der Lebensmittelladen in ihrer Nachbarschaft wirtschaftlich überlebt.
Quelle: Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg
Anlässlich der Fachtagung am 8.3.2010 wurde eine 77-seitiger Leitfaden \“Der Nahversorgung eine Chance!\“ veröffentlicht. Dieser Leitfaden berichtet über bewährte Konzepte aus Baden-Württemberg. Nachfolgend schalten wir einen Link, damit eine PDF-Datei des Leitfadens heruntergeladen werden kann.