20 – 22 % Rohertrag im Dorfladen

Der Rohertrag in einem Dorfladen, also das Ergebnis aus „Umsatz abzüglich Wareneinsatz“ bestimmt als sogenannte Handelsspanne ganz wesentlich das Betriebsergebnis und damit die wirtschaftliche Existenz kleiner Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäfte und Bürger-Dorfläden. Von 100 Euro Umsatz verbleibt dem Lebensmittel-Einzelhandel nach Abzug von 77,20 Euro für den Wareneinkauf nach aktuellen Erhebungen des Statistischen Bundesamt ein Rohertrag von 22,80 Euro – als Deckungsbeitrag für Personalaufwand, Miete, Energiekosten und sonstige Aufwendungen.

Während das Statistische Bundesamt in Wiesbaden in diesem Jahr 22,8 % Rohertrags-Quote (Handelsspanne) ermittelt hat, veröffentlichte der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandel (BVL) eine Rohertragsquote von 20,3 %. Unser Dorfladen „von Bürgern für Bürger“ in Otersen (mitten in Niedersachsen) erreichte 2005 eine Rohertragsquote von 21,78 % und 2010 erreichten wir bei 100 € Umsatz durchschnittlich 22,36 € Rohertrag. Damit rangieren wir im Mittelfeld der Rohertragsquoten, die von BVL (20,3 %) und Statistischem Bundesamt (22,8 %) veröffentlicht wurden.

In Rheinland-Pfalz von wurden einer Erfa-Gruppe Handelsspannen zwischen 15 und 20 % ermittelt.

Teilweise sind von Dorfläden auch Rohertrags-Quoten von 25 oder sogar 30 % bekannt. Bei Rohertragsquoten, die deutlich oberhalb der Durchschnittswerte von 20 bis 23 % liegen, sollte jedoch nach Sonderfaktoren gefragt werden. Alleine aus dem Einkauf und Verkauf, also dem Handel mit Lebensmitteln werden Roherträge von 25 % und mehr kaum erzielbar sein. Je größer der Anteil an Handelswaren = je geringer der Anteil an regionalen Produkten im Sortiment ist, desto schwieriger dürfte es werden, die Durchschnittswerte beim Rohertrag zu erreichen bzw. sogar noch zu überbieten.

Überdurchschnittliche Rohertragsspannen sind eher nur möglich, wenn zusätzlich zum Lebensmittel-Handelsumsatz noch

  • besondere Erlöse für Dienstleistungen
  • Einnahmen mit höheren Roherträgen aus z.B. einem Café
  • besondere Erlöse aus Festen und Veranstaltungen

erzielt werden.

Kürzlich wurde bei einer Fachtagung zur Sicherung der Nahversorgung von einem Rohertrag in Höhe von 31 % und einem Betriebsergebnis von 2 % berichtet. Dies sind außergewöhnlich gute Werte, die alleine aus dem Handelsgeschäft kaum erzielbar sind. Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels hat 2005 eine Betriebsergebnis von 0,7 % als Durchschnittswert ermittelt. Von 100 Euro Handelsumsatz verbleiben durchschnittlich also 0,70 Euro Gewinn in der Ladenkasse. In Otersen haben wir 2005 ein Betriebsergebnis von 1,29 % (3.905 € Gewinn) erreicht und 2010 betrug unser Verlust 0,18 % (554 € Verlust).

Ganz wesentliche Auswirkungen auf den Erfolg hat die Handelsspanne, also der Rohertrag.

Bei einem beispielhaften Jahresumsatz von 300.000 Euro ergibt sich

  • …. bei 15 % Spanne ein Rohertrag von absolut 45.000 Euro
  • …. bei 20 % Spanne ein Rohertrag von absolut 60.000 Euro
  • …. bei 22 % Spanne ein Rohertrag von absolut 66.000 Euro
  • …. bei 25 % Spanne ein Rohertrag von absolut 75.000 Euro
  • …. bei 30 % Spanne ein Rohertrag von absolut 90.000 Euro

15 % Rohertrag bei einem Dorfladen dürften nachhaltig nicht ausreichend sein, insbesondere dann nicht, wenn der Personalaufwand schon 13,5 % vom Umsatz (Quelle: Erhebung des BVL) beträgt. Wenn von 15 % (vom Jahresumsatz) Rohertrag 13,5 % (vom Jahresumsatz) für Personalaufwendungen abgezogen werden, verbleiben als Zwischenergebnis nur noch 1,5 % vom Jahresumsatz. Dieser Betrag dürfte kaum ausreichend, um davon dann noch Stromkosten, Heizungskosten, Miete, Reparaturen und andere Kosten bezahlen zu können.

Wer bei 300.000 Euro Jahresumsatz und z.B. 31 % Rohertrag (dank Sonderfaktoren) ein Betriebsergebnis von 2 % (= 6.000 Euro) erwirtschaftet, kommt sehr schnell in die Verlustzone, sobald (aus welchen Gründen auch immer)

die Sonderfaktoren (z.B. besondere Erträge) entfallen

und der Rohertrag nur aus dem reinen Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäft erwirtschaftet werden muss.

Sinkt der „besondere“ Rohertrag von 31 % auf durchschnittliche 23 % ( – 8 % bei 300.000 Euro Jahresumsatz), fehlt ein Deckungsbeitrag von 24.000 € und aus 6.000 € Jahresgewinn würde schnell eine tief-rote Zahl als Jahresverlust werden.

Bürgergesellschaften, die vor der Neugründung eines Dorfladens stehen, sollten besonders gute Zahlen kritisch hinterfragen und bei der eigenen Rentabilitätsberechnung und Ertragsvorschau „auf Nummer sicher“ gehen und höchstens die eingangs genannten Rohertragsquoten ansetzen.

Verfasser: Günter Lühning, 1. Vorsitzender Dorfladen Otersen w.V. – Herausgeber des Dorfladen-Handbuches

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