Dorfläden: „Die Erfolgsgeschichte geht weiter“ – 3 Vorträge

Drei Vorträge über bürgerschaftlich organisierte Dorfläden standen am Vormittag des ganztägigen LEADER-Forums im sauerländischen Meschede-Eversberg im Mittelpunkt. Als Referenten hatte das Zentrum für ländliche Entwicklung (ZeLE) beim Umweltministerium in Düsseldorf die Journalistin und Buchautorin Kristina Pezzey („Verkaufen können wir selber“), Günter Lühning aus dem niedersächsischen Otersen als Sprecher des Dorfladen-Netzwerkes sowie Thomas Karthaus und Roland Kürten als Vertreter des frisch eröffneten Dorfladen Thier in den Hochsauerlandkreis eingeladen. Am Nachmittag stand drei Vorträge über Ehrenamtskneipen im Mittelpunkt.

Künftige Gründer von bürgerschaftlichen Dorfläden können auch auf eine EU-Förderung aus dem LEADER-Programm hoffen. In der neuen Förderperiode bis 2020 wird mit 24 statt bisher 12 Regionen aus Nordrhein-Westfalen (NRW) gerechnet, die auf eine Anerkennung als LEADER-Regionen und Fördermittel zwischen 2,5 bis 3 Millionen Euro pro Region hoffen können, berichtete zu Beginn der Tagung Dr. Michael Schaloske vom zuständigen NRW-Ministerium. Erwartet werden Fördersätze zwischen 60 und 65 %. Voraussetzung für die Anerkennung als EU-Förderregion sei die Erarbeitung eines Regionalen Entwicklungskonzeptes (REK) für eine ganze Region und mit aktiver Beteiligung der Bürger. Von den Fördermitteln stammen 80 % von der EU und 20 % vom Land Nordrhein-Westfalen als nationale Kofinanzierung, so dass die Kommunen vor Ort keine eigenen Mittel für die Kofinanzierung als Voraussetzung für die EU-Förderung mehr einsetzen müssen.

banner_Pezzey-BuchBuchautorin Kristina Pezzey hat für ihr Buch über die Dorfladen-Szene in Deutschland „Verkaufen können wir selber“ viele ländliche Nahversorger besucht. Von neuen, von Einzelhändlern eröffneten Dorfläden seien 50 % gescheitert, betonte Pezzey. „Die Erfolgsgeschichte der Bürger-Dorfläden geht aber weiter“, so die Journalistin in ihrem Vortrag.  Beispielhaft berichtete Pezzey über drei dieser Bürger-Dorfläden:

  • Gelting in Oberbayern
  • Deusmauer, ebenfalls in Bayern und
  • Seddin in Brandenburg

In Gelting ginge es nicht um die Konkurrenz zu den Discounter , sondern sehr erfolgreich werde das Konzept „Qualität und Kommunikation“ realisiert. Qualitativ hochwertige, insbesondere regionale Lebensmittel werden in Gelting erfolgreich verkauft – in Kombination mit der sozio-kulturellen Funktion eines Dorfladens als Begegnungsstätte.

DeusmauerIn Deusmauer habe es im Gründungsprozess Verzögerungen gegeben, weil 2 Standorte zur Auswahl standen. Aus den anfänglich nur 7.000 € Bürger-Eigenkapital wurden später ausreichende 40.000 € Startkapital aus den örtlichen Haushalten. Beide Gründungen wurden von Unternehmensberater Wolfgang Gröll begleitet, berichtete Kristina Pezzey.

 

Im brandenburgischen Seddin habe in der Anfangszeit der DORV-Laden aus Jülich-Barmen eine Machbarkeitsstudie erstellt. Später habe es eine Spaltung bei der Dorfladen-Gründung gegeben und erst nach 7 Jahren sei in diesem Jahr die Eröffnung erfolgt, berichtete Kristina Pezzey.

Damit genossenschaftliche Dorfläden erfolgreich gegründet und betrieben werden können, seien glaubwürdige Macher und Multiplikatoren vor Ort erforderlich, resümierte die Buchautorin aufgrund ihrer Erfahrungen und der vielen Gespräche mit Dorfladen-Aktivisten in ganz Deutschland.

Günter Lühning beim Vortrag (C) lpv-verlag

Günter Lühning beim Vortrag (C) lpv-verlag

Günter Lühning, Vorsitzender des 2000 gegründeten Dorfladens in Otersen und Sprecher des Dorfladen-Netzwerkes berichtete über das Ladensterben auf dem Lande und die vor über 10 Jahren einsetzende Gegenbewegung mit dem Zukunftsmodell „Dorfläden – von Bürgern für Bürger“. Inzwischen gebe es bundesweit über 200 dieser Selbsthilfeeinrichtungen und nur wenige würden scheitern.  Lühning berichtete über erfolgreiche Dorfladen-Konzepte, seine vielfältigen Erfahrungen, die 10-stufige Dorfladen-Pyramide und die Erfolgsfaktoren für multifunktionale Dorfläden.

Zu den jüngsten Bürger-Dorfläden in Deutschland zählt der Anfang 2014 eröffnete Dorfladen in Thier (NRW). Thomas Karthaus und Roland Kürten berichteten über 180 Mitglieder die 270 Kapitalanteile zu je 200 € gezeichnet und eingezahlt hätten.  Der Dorfladen mit kleinem Café beschäftige zwei Vollzeit-Kräfte, vier Minijobberinnen und einen integrativen Praktikanten. Die Umsatzerwartung lag zwischen 250.000 € (pessimistisch) und rund 450.000 € (optimistisch). Nach drei Monaten sieht es so aus, als könnte die optimistische Umsatzerwartung in Thier sogar noch leicht übertroffen werden. Vertreter der Dorfladen-Gründungsinitiative aus Thier hatten im Dezember 2012 am zweitägigen DVS-Workshop im niedersächsischen Verden teilgenommen und dabei auch den Dorfladen Otersen besucht. Weitere Informationen zum Dorfladen Thier gibt es auf der gut gestalteten Homepage http://www.dorfladen-thier.de/

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