Über 30 Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen des Bundestagsfachausschusses für Ernährung und Landwirtschaft besuchten am Donnerstag, 22.1.2015 mit ihrer Ausschuss-Vorsitzenden Gitta Connemann (CDU) an der Spitze den Messestand des Dorfladen-Netzwerkes bei der 80. Internationalen Grüne Woche in Berlin.
Günter Lühning, Vorsitzender des Dorfladen Otersen und Sprecher des Dorfladen-Netzwerkes informierte den Fachausschuss über die Bedeutung von Bürger-Dorfläden als Selbsthilfeeinrichtung für die Daseinsvorsorge auf dem Lande. Er berichtete über Sortimente mit 1.200 bis 3.000 verschiedenen Artikel sowie einer Vielzahl von Dienstleistungen in Dorfläden und unterstrich deren Multifunktionalität. Viele Dorfläden verfügen über Cafés mit vier bis 40 Sitzplätzen oder Mehrgenerationen-Angeboten, so dass die Dorfläden mehr sind, als Lebensmittelgeschäfte. „Wir bieten auch das Lebensmittel Menschlichkeit“ unterstrich Lühning die soziale Funktion von Dorfläden, die längst zum beliebten Dorftreffpunkt mit kulturellen Angeboten geworden seien.
Diese von Bürgern oder Kommunen geführten Nahversorger seien dann besonders erfolgreich, wenn die Einwohner den Dorfladen „zu ihrem Laden“ machen und den besonderen Wert auch für die eigene Lebensqualität und die Zukunftsfähigkeit des ganzen Dorfes erkennen. Über 200 Dorfläden „von Bürgern für Bürger“ versorgen die örtliche Bevölkerung mit Lebensmitteln, Artikeln des täglichen Bedarfs und vielen Dienstleistungen. Die Dorfläden schaffen und sichern Frauen-Arbeitsplätze vor Ort und fördern die regionale Wertschöpfung. Immer mehr Dorfläden kooperieren mit regionalen, kleinen Lebensmittel-Produzenten des Lebensmittel-Handwerks und bäuerlichen Familienbetrieben.
Mit guten Lebensmitteln aus bekannter Herkunft aus einer 30 bis 40 Kilometer-Region um den Dorfläden erzielen die Dorfläden oftmals zwischen 40 und 70 Prozent ihres Jahresumsatzes, betonte Günter Lühning. Der Sprecher des Dorfladen-Netzwerkes berichtete den Bundestagsabgeordneten von der jetzt erfolgten Gründung der „Bundesvereinigung multifunktionaler Dorfläden“ (BmD) und sprach auch Problem-Bereiche wie steigende Energiekosten (+70 % in 10 Jahren) und die Folgen des neuen Mindestlohngesetzes mit Kostensteigerungen, höherem Bürokratie-Aufwand und Problemen bei der Abgrenzung der ehrenamtlichen Unterstützung der Dorfläden an.
Die Sorgen der Dorfläden bekräftigte anschließend auch Bürgermeister Berthold Ziegler aus Heising im Oberallgäu.
Ausschussvorsitzende Gitta Connemann lobte das Konzept bürgerschaftlich organisierter Dorfläden nicht nur für die Nahversorgung, sondern für eine positive Dorfentwicklung und Lebensqualität insgesamt. „Die Menschen in ihrer Dörfern können froh sein, dass sich Bürger wie sie für Dorfläden engagieren“, betonte die Bundestagsabgeordnete aus dem Emsland (Niedersachsen).
Vertreter von Dorfläden aus Niedersachsen (Otersen), Baden-Württemberg (Großdeinbach) und Bayern (Gleiritisch), Dr. Thomas Dörfelt als Geschäftsführender Gesellschafter der LHG-Lebensmittelgroßhandlung LHG bei Würzburg und Dorfladen-Berater Wolfgang Gröll aus Starnberg standen den interessierten Bundestagsabgeordneten bei ihrem 20-minütigen Besuch Rede und Antwort.
Die Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann setzte sich auch mit der Marktmacht der vier großen Lebensmittel-Konzerne und weiteren Fusions-Bestrebungen wie zuletzt zwischen Edeka und Tengelmann auseinander. Hier übe die Kartellbehörde eine wichtige Funktion aus. Insbesondere im Interesse der wohnortnahen Versorgung mit Lebensmitteln seien mittelständische Lebensmittelgroßhändler wie die LHG von Dr. Dörfelt erforderlich, wurde bei den Fachgesprächen in der Halle „Lust aufs Land“ in Berlin deutlich.