3-2-1: Aus 3 Märkten wurde 1 – Dorfladen für 3.100 Einwohner?

2 Märkte stehen in Freden leer

2 Märkte stehen in Freden leer

Freden im Landkreis Hildesheim, eine typisch niedersächsische Gemeinde – landschaftlich reizvoll gelegen. Die Leine fließt mitten durch den 3.100 Einwohner zählenden Ort im Leinetal. Die Infrastruktur ist vergleichsweise gut. Hotel, Gastronomie, Apotheke, Ärzte, zwei Bankfilialen, ein Getränkemarkt, ein REWE-Vollsortimenter und ein NP-Discounter aus der Edeka-Familie. Bis zum 31.10.2015. An diesem Tag schlossen der REWE-Vollsortimenter und gleich nebenan der Getränkemarkt im Ortszentrum westlich der Leine. Seit dem 1.11.2015 gibt es als Nahversorger nur noch den Niedrigpreis(NP)-Discounter östlich der Leine in der Alfelder Straße. Das reicht vielen Einwohnern nicht mehr – und so ist jetzt in Freden wie in vielen Dörfern mit 500, 1.000, 2.000 oder jetzt immer öfter sogar mit 3.000 Einwohnern: Ein Bürgerladen – ein „Dorfladen von Bürgern für Bürger“ soll in Freden gegründet und eröffnet werden.

Bürgermeister Rüdiger Paulat berichtet auch vom veränderten Ortsbild. „Der ehemalige REWE-Markt und der Getränkemarkt stehen jetzt leer. Der ehemalige REWE-Markt und der Parkplatz sind durch einen Bauzaun abgesperrt. Dadurch wird das Ortsbild sehr unansehnlich“.

Zumindest im leerstehenden Getränkemarkt könnte bald wieder neues Leben einziehen – dafür engagieren sich jedenfalls viele Einwohner in einer Arbeitsgruppe. Seit November gab es drei Bürgerversammlungen und für einen Dorfladen mit Café gibt es bereits klare Vorstellungen und ein Konzept. Mehr noch: 38.000 Euro Kapital in Form von Kapitalanteilen zu je 100 Euro haben die engagierten Dorfladen-Gründer bereits zusammen. Kalkuliert wird mit 80.000 Euro Gesamtkosten, davon 30.000 Euro für Regale und Kühlgeräte und für den Waren-Bestand 45.000 €.

Der leerstehende Getränkemarkt in Freden

Der leerstehende Getränkemarkt

Im ehemaligen Getränkemarkt könnte der Dorfladen mit 300 qm Verkaufsfläche entstehen. Auf der Gesamtfläche von gut 400 qm wäre auch noch Platz für die notwendigen Nebenräume, eine Lager und insbesondere für ein Café, denn der neue Bürger-Dorfladen soll auch zur Begegnungsstätte werden.

Bürgerladen in Freden im ehemaligen Getränkemarkt?

Bürgerladen in Freden im ehemaligen Getränkemarkt?

Dazu Bürgermeister Rüdiger Paulat: „Durch die längeren Einkaufwege befürchten wir, dass noch mehr Bürger der Gemeinde Freden den Rücken kehren werden, da die Wege zum Einkaufen für den täglichen Bedarf zu lang geworden sind. Dadurch würde sich der demographische Wandel noch stärker auf die Gemeinde auswirken. Ebenso befürchten wir, dass die Vereinsamung der älteren Leute zunimmt, da sie sich teilweise die Lebensmittel ins Haus bringen lassen müssen. Der bisher übliche Weg zum Einkaufen entfällt und damit auch der soziale Kontakt zu anderen Bewohnern im Dorf“ – ist im Konzeptpapier für den Dorfladen zu lesen.

So bunt wie der Schriftzug „Unser Dorfladen Freden“ auf einem Plakat soll auch das Waren- und Dienstleistungsangebot im künftigen Dorfladen werden. Damit er überhaupt verwirklicht werden kann, findet am 30. April von 11 bis 16 Uhr ein „Tag der offenen Tür“ mit Kaffee und Kuchen sowie Bratwürsten vom Grill statt. Neben der Besichtigung des früheren Getränkemarktes wollen die Gründer interessierten Einwohnern ihr Konzept vorstellen und für die Zeichnung weiterer Kapitalanteile werben.


Einige Kilometer nördlich von Freden wurde Mitte April in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover bei einer Fachtagung von Deutschem Städte- und Gemeindebund (DStGB) und Handelsverband Deutschland (HDE) deutlich, warum immer öfter Vollsortimenter in älteren Gewerbe-Immobilien und/oder in kleineren Gemeinden schließen. Für Neuansiedlungen werden nicht mehr 3.000 sondern eher 5.000 Einwohner zur Voraussetzungen und viele, in die Jahre gekommene Supermarkt-Immobilien sind zu klein, Energietechnisch mangelhaft und nicht mehr sanierungswürdig. Während Discounter in der Regel ihre 800 bis 2.000 verschiedenen Artikel auf 800 bis 1.000 qm Verkaufsfläche präsentieren können, benötigen Vollsortimenter mit deutlich größerer Angebotstiefe und 15.000 bis 20.000 verschiedenen Artikeln in Zukunft 1.500 bis 2.000 qm Verkaufsfläche – insbesondere dann, wenn die Regale nicht so hoch und die Gänge dazwischen Senioren-gerechter breiter und auch Rollstuhl-gerecht sein sollen. Das ein Vollsortimenter wie REWE in einem 3.100 Einwohner-Dorf schließt, ist in Niedersachsen kein Einzelfall. Im 3.300 Einwohner zählenden Eystrup nördlich von Nienburg/Weser schloss im Sommer 2015 ebenfalls ein REWE-Vollsortimenter.

Plakat

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