Bürgerläden und Fördervereine für Dorfläden

Ein spannender Informationsabend rund um das Thema Dorfläden fand am 15. November 2017 in Wachenhausen bei Northeim in Niedersachsen statt. Im Anschluss an die Besichtigung des Bürger-Ladens „Dorfladen Wachenhausen“ hielt Günter Lühning, Vorsitzender der Dorfladen-Bundesvereinigung, einen Impuls-Vortrag. Julian David vom Büro KORIS, Hannover führte anschließend ein Interview mit Sylvia Jeschina, Betreiberin der Dorfläden in Gleichen und Bremke bei Göttingen und mit Sylke Bilgeshausen, Vorsitzende des Fördervereins „Bremker Lädchen“. Die Veranstaltung der Harzweser-Region endete mit dem Dialog der Teilnehmer und der Vereinbarung zu verstärkter Netzwerk-Arbeit für die Menschen im ländlichen Raum.

Der Dorfladen Wachenhausen mit 60 qm Verkaufsfläche und dem Vordach für Aktionen

Die Teilnehmer der Veranstaltung wurden in Wachenhausen vom Gemeinde-Bürgermeister Uwe Ahrens, den beiden Vorsitzenden des Dorfladen-Trägervereins, Florian Besch und Arne Schreiber sowie von Annette Muhs vom Landkreis Northeim begrüßen und erfuhren Wissenswertes zur Initiative der Bürger zur Neugründung eines Dorfladens, der 2015 eröffnet wurde. Der Dorfladen verfügt zwar nur über 60 qm Verkaufsfläche, bietet aber auch eine kleine Café-Ecke im Gebäude und einen Treffpunkt unter dem Dorfladen-Vordach. Am „Thie“, dem Ortszentrum des 500 Einwohner zählenden Dorfes Wachenhausen in Südniedersachsen hat sich durch den neuen Bürgerladen in den letzten beiden Jahren ein neuer Ort zum Einkaufen und für die Dorf-Kommunikation – ein wahren Dorf-Lebensmittelpunkt entwickelt. Der Dorfladen-Verein (w.V.) bietet insbesondere Bio-Lebensmittel und Spezialitäten an. Zwei Teilzeitkräfte und mehrere ehrenamtliche Verkäuferinnen sorgen für den reibungslosen betrieb. Viele Probier-Aktionen und Veranstaltungen bereichern den Dorfladen.

Florian Besch und Andre Schreiber, die Vorsitzenden des Trägervererins, stellten den Dorfladen Wachsenhausen vor.

Die Dörfer in Südniedersachsen – in der Harzweserland-Region erleben einen starken Wandel. Wichtige Einrichtungen der Grundversorgung – Lebensmittelläden, Bäckereien und Fleischer – haben geschlossen.

Dorfladen-Bundesvorsitzender Günter Lühning aus Otersen berichtete über seine Erfahrungen mit Dorfläden „von Bürgern für Bürger“

Günter Lühning, Vorsitzender des 2001 eröffneten Dorfladen Otersen (www.dorfladen-otersen.de) und Vorsitzender der Dorfladen-Bundesvereinigung (www.dorfladen-netzwerk.de) berichtete in seinem Impulsvortrag vom Rückgang der Lebensmittel-Geschäfte in Deutschland von 160.000 in den 1970er Jahren auf jetzt unter 39.000. Es gebe aber einen Gegentrend, weil immer mehr Bürgermeistern und engagierten Menschen im ländlichen Raum es leid seien, sich von den großen Konzernen vorschreiben zu lassen, wie weit die Menschen zum Einkaufen fahren müssen, während die Dörfer veröden. „Eigeninitiative statt Unterversorgung“ ist dann immer öfter die Zielsetzung für eine Rückkehr zur Nahversorgung. Annähernd 300 „Dorfläden – von Bürgern für Bürger“ gebe es in Deutschland, davon über 130 in Bayern und inzwischen 21 in Niedersachsen, so Lühning. Der Dorfladen-Bundesvorsitzende machte Mut zur Eigeninitiative, damit die Dörfer zukunfsfähiger gemacht werden und die Menschen im ländlichen Raum Lebensqualität bekommen. Günter Lühning gab Tipps für die Gründung und einen Dorfladen-Betrieb, verhehlte aber auch nicht die Risiken und die zunehmenden Herausforderungen und den Kostendruck, die von den Bürgerläden gemeistert werden müssten. Steigende Energiekosten und Personalaufwendungen belasten die Bürgerläden, so dass immer mehr von diesen Selbsthilfeeinrichtungen von einer früheren Kostendeckung neuerdings in die „roten Zahlen“ rutschen.

Julian David vom Büro KORIS, Hannover führte anschließend ein Interview mit Sylvia Jeschina (rechts), Betreiberin der Dorfläden in Gleichen und Bremke bei Göttingen und mit Sylke Bilgeshausen (Mitte), Vorsitzende des Fördervereins „Bremker Lädchen“.

Nach der Schließung des Dorfladen Bremke gelang es engagierten Einwohnern, mit Sylvia Jeschina die Betreiberin des Lebensmittelgeschäftes in Groß-Lengden (Gemeinde Gleichen) dafür zu begeistern, den Dorfladen Bremke als Filiale zu übernehmen. Mit Unterstützung aktiver Mitglieder des Fördervereins „Bremker Lädchen“ ist es so gelungen, die Nahversorgung für Bremke zu erhalten. Der von Sylke Bilgeshausen geführte Dorfladen-Förderverein unterstützte die selbstständige Kauffrau bei der Einrichtung des Ladens, beim Umbau und bei der Eröffnung. Der Förderverein sammelt auch Geld und unterstützt die Betreiberin damit bei der Finanzierung von Ersatz-Beschaffungen – wie zum Beispiel Kühltruhen. Auch durch solches Bürgerengagement eines Fördervereins kann die Nahversorgung und Lebensqualität für ein Dorf gesichert werden.