Bundesvereinigung an der Seite von Freden gegen REWE

Das ist bundesweit einmalig: 2015 schließt REWE einen Supermarkt – 2016 eröffnet die Einwohnerschaft einen Dorfladen als Selbsthilfeeinrichtung – 2018 verkauft REWE die Leerstands-Immobilie an drei Chinesen – ab Sommer 2018 treten die drei Chinesen gemeinsam mit REWE in Konkurrenz zum etablierten Dorfladen. Unsere Dorfladen-Bundesvereinigung stellt sich an die Seite des betroffenen Dorfladen Freden in Niedersachsen und hat eine Stellungnahme und kritsche Fragen an REWE formuliert.
 
 

Den offenen Brief / die offene eMail vom 29.4.2018 veröffentlichen wir hier im Wortlaut:
 
Sehr geehrte Frau Beckmann, sehr geehrter Herr Persigehl,

als Vorsitzender der Bundesvereinigung multifunktionaler Dorfläden (BmD) habe ich kürzlich den im März neu eröffneten Dorfladen „von Bürgern für Bürger“ in Linsburg bei Nienburg besucht. Ich habe mich sehr darüber gefreut, das erstmals in Niedersachsen REWE nahkauf als Hauptlieferant und Großhändler bei einem bürgerschaftlich organisierten Dorfladen in Erscheinung tritt und aktiv geworden ist. Die Dorfladen-Bundesvereinigung kooperiert erfolgreich mit zahlreichen Lebensmittel-Großhändlern bundesweit – siehe Internetportal www.dorfladen-netzwerk.de

 
Zahlreiche Dorfladen-Gründungsinitiativen fragen bei unserer Bundesvereinigung nach
geeigneten Lebensmittel-Großhändlern und wir übernehmen dann eine Vermittler-Funktion, zum Vorteil von Großhändlern und Gründungsinitiativen.

Eigentlich wollten wir REWE nahkauf eine Partnerschaft zu unserer Bundesvereinigung

anbieten – aber aktuell sind wir durch die aktuellen Ereignisse in Freden/Leine sehr

stark verwundert und verärgert über die aktuellen Geschäftspraktiken der REWE Group
bzw. von REWE nahkauf.

 
Vor diesem Hintergrund geben wir folgende Stellungnahme ab und erlauben uns eine

offizielle Anfrage zu stellen:

Stellungnahme

1. Bürgerschaftlich organisierte Dorfläden wie der Dorfladen Freden sind Selbsthilfe-

    einrichtungen, die immer erst dann auf den Plan treten, sich gründen und den

    Betrieb eines letzten Lebensmittelgeschäftes in kleinen Dörfern übernehmen,

    wenn

  • Lebensmittel-Ketten wie REWE wg. Unwirtschaftlichkeit ihren Supermarkt für immer geschlossen haben
  • selbstständige Kaufleute ihr Lebensmittelgeschäft aus Altersgründen oder aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen haben

    Kurz gesagt: Bürgerläden fangen an, wenn andere aufgehört haben

2. Bürgerläden werden in Orten aktiv, die für die vier großen Lebensmittel-Konzerne

    schon längst nicht mehr attraktiv sind.
3. Bürgerläden wie der Dorfladen Freden werden von örtlichen Solidar-Gemeinschaften betrieben und kooperieren gerne mit Lebensmittel-Großhändlern, ohne dabei im direkten Umfeld in Konkurrenz zu anderen Lebensmittelmärkten zu stehen

4. Bürgerschaftlich und mit viel Ehrenamtlichkeit betriebene Dorfläden engagieren

    sich

  •     für die Sicherung der Nahversorgung
  •     gegen Weit entfernt-Versorgung
  •     für Infrastruktur und Lebensqualität im ländlichen Raum
  •     gegen die Verödung des ländlichen Raumes
  •     gegen „abgehängt“-Situationen der Menschen auf dem Lande

5. Die 2016 gegründete Dorfladen-Bundesvereinigung mit über 70 Mitgliedsbetrieben in 10 Bundesländern erklärt neben den mehreren hundert Einwohnern aus Freden ihre Solidarität mit dem Dorfladen Freden!

   

Weil wir nicht naiv sind, befürchten wir, das Ihr großer Konzern von unserem Protest wenig beeindruckt sein wird – aber unsere „kleine“ Bundesvereinigung steht an der Seite des kleinen Dorfladen Freden und unseren Protest gegen das REWE-Engagement gegen einen etablierten Dorfladen werden wir auch gegenüber Landes- und Bundesregierung artikulieren.

Offizielle Anfrage
1. Im Jahr 2015 haben Sie ihren Supermarkt und auch den Getränkemarkt  aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Was hat sich seit 2015 verändert, weshalb Sie jetzt glauben, drei junge Chinesen könnten ab Sommer 2018 einen Supermarkt in Freden erfolgreicher betreiben, als REWE es bis 2015 konnte?

2. Während das Geschäftsprinzip von Bürgerläden „Auskömmlichkeit statt Gewinnmaximierung“ lautet, werden Ihre drei chinesischen Geschäftspartner (zu Recht) Geld verdienen wollen und müssen. Was passiert, wenn
    a.) Ihre Geschäftspartner mit REWE-Unterstützung dem Dorfladen Freden so viel
         Konkurrenzgemacht haben, dass der Dorfladen schließen muss?
    und
    b.) später der REWE-Markt den drei Chinesen nicht die erhoffte Rendite beschert, so
         dass der kleine REWE-Markt zum 2. Mal nach 2015 schließen muss?

Warum riskieren Sie, dass der Name REWE dann zum 2. Mal mit einer drohenden Nahversorgungs-Wüste in Freden in Verbindung gebracht wird – und bundesweit für Negativ-Schlagzeilen sorgen wird?

3. Warum waren Sie 2016 nicht an einer Belieferung des Dorfladens interessiert und haben sich nach unserem Kenntnisstand sogar Gesprächen mit der Bürgerinitiative verweigert – unterstützen jetzt aber die neuen Investoren?

Geht es Ihnen wirklich um eine dauerhafte, nachhaltige Nahversorgung für die Menschen in Freden – oder doch nur um den Verkauf einer Leerstands-Immobilie – egal wann diese in die Jahre gekommene Immobilie dem neuen Eigentümer einen Leerstand beschert?
4. Wie wollen Sie als einer der vier führenden Lebensmittel-Konzerne künftig einer flächendeckenden Nahversorgung auch für Ihre Kunden auf dem Lande gerecht werden – oder ist das „nahkauf“-Konzept nur eine Alibi-Veranstaltung?

5. Warum engagieren Sie sich nicht lieber – ggf. mit Partnern wie den drei Chinesen – in den vielen mittelgroßen Dörfern (ähnlich groß wie Freden) gänzlich ohne Nahversorgung – statt in Konkurrenz zu einer großen Solidar-Aktion / einer etablierten Selbsthilfeeinrichtung von vielen Bürgern in Freden
zu treten?

Beim Neuaufbau kleiner Nahversorger in Dörfern gänzlich ohne Lebensmittelgeschäft stehen wir gerne unterstützend / vermittelnd an Ihrer Seite.

Sollten Sie allerdings Ihren aktuellen Kurs in Freden/Leine fortsetzen, verzichten wir gerne auf eine Partnerschaft zu REWE.

Diesen Offenen Brief veröffentlichen wir in unserem Internetportal und stellen diese Mail auch Medien gerne zur Verfügung.

Auf Ihre Antwort freuen wir uns. Ihre Antworten werden wir 1:1 ebenfalls in unserem Internetportal veröffentlichen und den Medien zur Verfügung stellen.

Kopien an
  • Dorfladen Freden
  • Hildesheimer Allgemeine Zeitung
  • den Mitgliedern unserer Bundesvereinigung
 

Mit freundlichen Grüßen
Günter Lühning
Vorsitzender Dorfladen Otersen w.V.
Vorsitzender Bundesvereinigung multifunktionaler Dorfläden

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