11. Bundestreffen Regionalbewegung in Farchant mit 200 Gästen

Vom 22. bis 25. Juni 2023 fand erstmals am Sitz eines bürgerschaftlich organisierten Dorfladens ein Bundestreffen des Bundesverbandes der Regionalbewegung statt: 200 Teilnehmende kamen dazu in die 3.750 EinwohnerInnen zählende Gemeinde Farchant im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. 4 Exkursionen in die Zugspitz-Region, 4 Regio-Talks, insgesamt 10 eineinhalbstündige Foren zu speziellen Themen, 16 Stationen beim Wissensmarkt, ein Abendempfang, mehrere Impulsvortrag und der Regionalmarkt – das alles stand auf dem Programm der 4-tägigen Veranstaltung im „Werdenfelser Land“ am Fuße der Zugspitze. Der touristische Teil kam ebenfalls nicht zu kurz: Am Freitagabend wurde das Kloster Ettal besucht.

Vor 2 Jahren fand das 10. Bundestreffen in Brandenburg statt. Fast der gesamte Vorstand des Vereins „Die DORFbegegnungsLÄDEN in Deutschland e.V.“ (DbL) nahm 2021 erstmals an dem Bundestreffen teil. Peter Böhmer, DbL-Vorstandsmitglied und Geschäftsführer des Farchanter Dorfladens hatte die Idee: „Das 11. Bundestreffen könnte in Farchant stattfinden“. Die Gemeinde Farchant und die Zugspitz-Region waren schnell überzeugt und gemeinsam wurde ein Konzept und eine aussagefähige Bewerbung um die Ausrichtung erstellt. Die Mühe lohnte sich: Farchant bekam den Zuschlag.

Am Donnerstag, 22. Juni 2023 war es nun soweit. Die gut 200 Gäste reisten an, nahmen an der 1. Exkursion teil und beim Abendempfang wurde ein Festvortrag von Staatsminister Dr. Florian Hermann, Leiter der bayerischen Staatskanzlei und ein Impulsvortrag von Wolfgang Reimer, dem Vorsitzenden der Agrarsozialen Gesellschaft (ASG) in Göttingen gehalten.

Am Freitag, 23. Juni ging es dann Schlag auf Schlag: Eröffnung durch den Vorsitzenden Heiner Sindel und Grußworte von Bürgermeister Christian Hornsteiner, Landrat Anton Speer und Jens Kollmann von der Landwirtschaftlichen Rentenbank in Frankfurt.

Den Festvortrag hielt Ministerialdirektor Dr. Klaus Heider aus dem Bundesministerium BMEL in Berlin – Leiter der Abteilung „Ländliche Entwicklung“. Dr. Heider erwähnte Dorfläden, Ernährungsräte und Start ups für Mikro-Logistik. Heider unterstrich die Bedeutung von Leidenschaft, Anpassungsfähigkeit und Überzeugungskraft als Erfolgsfaktoren für Regio-Projekte.

Bürgermeister Christian Hornsteiner hob für Farchant besonders hervor: + 10 Jahre Dorfladen + über 100 Jahre Gemeinde-eigenes Kraftwerk mit 100 % Wasserkraft, das Farchant im Notfall 14 Tage autark versorgen kann und + eine Biogas-Anlage, die Gemeinde-Anlagen und das Sportzentrum mit Wärme versorgt.

Landrat Anton Speer hob die besondere Bedeutung der kleinteiligen, bäuerlichen Landwirtschaft mit ihrer besonderen Almwirtschaft und der Bedeutung für die Pflege der Kulturlandschaft hervor. 75 Prozent aller Betriebe würden im Nebenerwerb geführt. Besonderheit sei der Landkreis-eigene Schlachthof mit Vorteilen für das Tierwohl und kurzen Wegen statt weiten Tiertransporten. Ein großer Faktor für den Landkreis Garmisch-Partenkirchen sei natürlich auch der Tourismus mit 5,3 Millionen Übernachtungen.

Am Freitagnachmittag fanden die 10 Fach-Foren statt, davon konnten die 200 Gäste an jeweils 2 Foren teilnehmen. Im Forum „Nahversorgung“ berichtete Farchants Dorfladen-Chef Peter Böhmer über Besonderheiten seines Ladens mit starken Ausprägung zur Vermarktung von regionalen Lebensmitteln und seinen Erfahrungen mit dem 24-Stunden-Einkauf an zwei Lebensmittel-Automaten. Günter Lühning aus Niedersachsen, 1. Vorsitzender des Vereins „Die DORFbegnungsLÄDEN in Deutschland e.V.“ berichtete über die Besonderheiten von DORFbegegnungsLÄDEN, aktuelle Herausforderungen und neuen Trends. Die Umwandlung eines klassischen Dorfladens zum Hybrid-Dorfladen mit „dem Besten aus 2 Welten“. Gemeint ist damit die Erweiterung der Geschäftszeiten von z.B. 50 auf gut 100 Stunden wöchentlich, davon etwa 40 % mit persönlicher Bedienung und 60 % autonomer Betrieb mit SB-Einkauf ohne Bedienung und Karten-Zahlung an der Self Scanning-Kasse. Christian Maresch, Entwickler und Chef der „Tante M“-Kette mit rund 40 Tante M-Märkten mit rund 100 qm Ladenfläche in Baden-Württemberg und Bayern, berichtete über seine Erfahrungen aus vier Jahren Tante M-Märkten, die an 7 Tagen von Montag bis Sonntag täglich von 5 bis 23 Uhr, also „18/7“ geöffnet sind – allerdings zu 100 % ohne persönliche Bedienung. Sein Vortrag stieß auf großes Interesse, so dass Christian Maresch viele Fragen zu beantworten hatte.

Am 3. Tag – Sonnabend, 26. Juni war Sven Giegold, Staatssekretär in Habeck´s Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMK aus Verden (Niedersachsen) live in den großen Saals des Farchanter Gasthofes „Alter Wirt“ zugeschaltet. Die Technik-Premiere funktionierte, Staatssekretär Giegold fand positive Worte zur Regionalität, zu regionalen Wertschöpfungsketten und weiteren, erforderlichen Entwicklungen. Die vielen Fragen beantwortete Sven Giegold offen und ehrlich und machte Mut, sich für die Regionalität einzusetzen.

Ländliche Räume sind für Giegold, der selbst im ländlichen Raum lebt, „Zukunftsorte“. Die vollständige Rede von Staatssekretär Giegold ist auf dessen Homepage nachzulesen: https://sven-giegold.de/rede-regionalbewegung/

Deutliche Kritik aus dem Plenum wurde laut, weil Bundesfinanzminister Lindner die Haushaltsmittel für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) um 300 Millionen € auf 6,5 Mrd. € kürzen will. Die Kürzung der GAK-Mittel hätte auch weniger EU-Fördermittel zur Folge. Die negativen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse der Menschen im ländlichen Raum seien inakzeptabel hieß es – und deshalb wurde kurzerhand eine Resolution verabschiedet.

Am Sonntag, 25. Juni begann um 11 Uhr der Regional-Tag in der Zugspitz-Region auf dem Platz rund um das Farchanter Rathaus. Lebensmittel aus regionaler Herstellung, regionales Kunsthandwerk, eine Kunstausstellung im Rathaus, zünftige Blasmusik sowie Speisen und Getränke sorgten unter dem strahlend-blauen Himmelszelt für eine gut besuchte, erfolgreiche Veranstaltung. Der Dorfladen Farchant wies auf sein 10-jähriges Bestehen hin und bot einen Mittagstisch sowie Kaffee, Kuchen und Torten an.

Direkt daneben gab es eine Premiere: „Kleine Läden, Großes Herz.“ Unter diesem eingängigen Slogan machten 7 Dorfläden aus dem Oberland gemeinsame Sache. Nach der Veröffentlichung einer gemeinsamen Werbe-Broschüre wurden jetzt an einem Gemeinschaftsstand viele regionale Produkte angeboten. Zur regionalen Initiative gehören die Dorfläden aus

  • Bad Bayersoien
  • Farchant
  • Grafenaschau
  • Habacher
  • Jachenau
  • Riegsee
  • Walchensee

Tolle Initiative – Prädikat: Nachahmenswert!

Den Veranstaltern und Gastgebern rund um Regionalbewegung, Zugspitz-Region, Gemeinde Farchant und Dorfladen Farchant gebührt ein dickes Lob für die Gastfreundschaft und gute Organsition. Die Farchanter Dorfladler um Peter Böhmer sorgten mit Bravour für regionale Zutaten bei der Mittagessen-Zubereitung und für das leibliche Wohl der Gäste in der Kaffeepausen.

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