15 Jahre Dorfladen-Netzwerk(e)

Netzwerken und Erfahrungsaustausch ist nicht nur in der gewerblichen Wirtschaft wichtig, sondern gewinnt zunehmend auch bei den bürgerschaftlich und/oder kommunal organisierten Dorfläden (Selbsthilfeeinrichtungen „von Bürgern für Bürger“) zunehmend an Bedeutung. Zu den ersten Dorfladen-Netzwerken in Deutschland zählt das vor 15 Jahren in Niedersachsen gegründete Netzwerk von ursprünglich 3 Dorfladen-Pionieren. In Niedersachsen gibt es inzwischen mehr als zwei Dutzend „Bürgerläden“, in Bayern wird sogar von 160 Dorfläden berichtet und in ganz Deutschland ist die Zahl auf fast 300 gestiegen.

Nach dem Muster der Erfa-Runden in der privaten Wirtschaft wurde vor 15 Jahren das 1. Dorfladen-Netzwerk in Niedersachsen mit seiner „Keimzelle“ im Landkreis Verden gegründet. Dort gab es damals drei bürgerschaftlich organisierte Dorfläden – „von Bürgern für Bürger“. Der Grundstein für das Dorfladen-Netzwerk wurde am 16. April 2004 im niedersächsischen Otersen im Beisein des damaligen Landwirtschaftsministers Hans-Heinrich Ehlen gelegt. Bei einem Mittagessen im örtlichen Gasthaus „Niedersachsen-hof“ berichtete Günter Lühning, Initiator des 2000 gegründeten Dorfladen Otersen Minister Hans-Heinrich Ehlen über seine Erfahrungen mit einem Bürger-Dorfladen als Selbsthilfeeinrichtung und unterstrich die Bedeutung der drei Dorfläden mitten in Niedersachsen für die Lebensqualität der Menschen und die Zukunftsfähigkeit der Dörfer im ländlichen Raum. „Eigeninitiative statt Unterversorgung“ lautete die Motivation für die Bürger-Dorfläden und „Auskömmlichkeit statt Gewinnmaximierung“ hieß das Geschäftsbetrieb. Am Arbeitsgespräch beim Mittagessen gemeinsam mit Minister Ehlen (CDU) nahmen damals auch der Landtagsabgeordnete Wilhelm Hogrefe und Klaus-Dieter Karweik vom Amt für regionale Landesentwicklung in Verden teil. Gemeinsam besuchten die Gesprächs-teilnehmer abschließend den Dorfladen Otersen.

Im Januar 2005 übernahm der damalige Niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff die Schirmherrschaft über das Dorfladen-Netzwerk.

16. April 2004: Netzwerk-Gründung in Otersen mit Minister Ehlen (Mitte)

www.dorfladen.net seit 28.1.2005

Am 28. Januar 2005 startete in Verden das neue Internet-Portal „www.dorfladen.net“ des Niedersächsischen Dorfladen-Netzwerkes.

Pressefoto VN zum Start www.dorfladen.net

Regionale Netzwerke in Hannover und Donau-Ries

In den letzten Jahren haben sich regionale Netzwerke gebildet, mit dem Ziel die Nahversorgung im ländlichen Raum zu fördern und Dorfläden in einer schwierigen Branche zu stärken.

Neben einem Netzwerk im Göttinger Land in Süd-Niedersachsen hat ein weiteres Netzwerk in der Region um die Landeshauptstadt Hannover in den zurückliegenden Jahren viele Aktivitäten für die lokalen Nahversorger entwickelt. Folgende Internetseiten sind dazu empfehlenswert.

„Einkaufen im eigenen Dorf“ – Region Hannover
https://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Planen,-Bauen,-Wohnen/Raumordnung-Regionalentwicklung/Regionalentwicklung/Nahversorgung/Einkaufen-im-eigenen-Dorf


Förderung der Nahversorgung in der Region Hannover
https://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Planen,-Bauen,-Wohnen/Raumordnung-Regionalentwicklung/Regionalentwicklung/Nahversorgung/F%C3%B6rderung-der-Nahversorgung

fast 100-seitige Broschüre „Dorfläden in der Region Hannover“ https://www.hannover.de/content/download/702832/17496551/file/dorfladen_broschuere.pdf

In Süddeutschland ist exemplarisch das Netzwerk im Landkreis Donau-Ries hervorzuheben. Dazu gibt es weitere Informationen im Internet:

Initiative „Ich kauf regional“ – Landkreis Donau-Ries http://www.donauries.bayern/region/regional-geniessen/

Dorfladen-Netzwerk im Landkreis Donau-Ries http://www.donauries.bayern/region/regional-geniessen/dorflaeden/

Während die Netzwerke in der Region Hannover und im Landkreis Donau-Ries von den jeweiligen Gebietskörperschaften initiiert wurden, gibt es in Süddeutschland noch ein privat betriebenes Dienstleistungsnetzwerk für Dorfläden.

In Niedersachsen gibt es neben den Netzwerken im Landkreis Verden (von 2004), im Göttinger Land und in der Region Hannover inzwischen eine Kooperation von vier Bürgermeistern bzw. Gemeinden. In 3 Gemeinden droht 2020 die Schließung von 3 Inhaber-geführten Dorfläden und in der 4. Gemeinde sucht der Bürgermeister einen Betreiber für einen von der Kommune neu zu erbauenden Dorfladen. Gemeinsam sind die vier Gemeinde-Oberhäupter auf der Suche nach Betreibern – oder nach Alternativ-Lösungen wie zum Beispiel einem bürgerschaftlich geführten Dorfladen – jeweils mit kommunaler Unterstützung.

In der schwierigen, hart umkämpften Lebensmittelbranche – gekennzeichnet durch eine gewaltige Schließungswelle (minus 85 % bei kleinen LEH-Geschäften bis 400 qm Ladenfläche seit 1990) und weitere Herausforderungen, werden regionale Netzwerke und Erfahrungs-austausch in der Zukunft immer wichtiger. Wichtig sind bei den Netzwerken auch

  • eine noch bessere Förderung durch Kommunen, Gebietskörperschaften und die Bundesländer
  • transparente, demokratische Strukturen in den jeweiligen Netzwerken, in den Bürgerläden nicht nur Beteiligte sind, sondern das Heft des Handels in der Hand haben.

2016 haben Dorfladen-Akteure aus mehreren Bundesländern die „Bundesvereinigung multifunktionaler Dorfläden“ in Berlin gegründet. Diese noch junge Organisation soll die regionalen Netzwerke ergänzen, den bundesweiten Erfahrungsaustausch fördern und ganz besonders als Interessen-Vertretung gegenüber der „großen Politik“ erfolgreich werden soll.

Noch mehr Miteineinander, ein besserer Zusammenhalt und Kooperationen von Bürgerläden wären für die Bewahrer der Nahversorgung wünschenswert, ja sogar erforderlich.

24.10.2019 Günter Lühning